Im Vorfeld der letzten Etappe der Frankreich-Rundfahrt 2025 hatten Befürworter und Gegner heftig über das geänderte Streckenprofil diskutiert. Aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums der Ankunft der Tour auf den Champs Elysées und in Erinnerung an die tolle Stimmung bei den Straßenradrennen bei den Olympischen Spielen vor einem Jahr sorgte die Einbeziehung des Pariser Hausbergs, die Butte Montmartre, für noch mehr Spektakel, zumal bei heftigem Regen und zusätzlicher Spannung auf nassen Straßen. Pogacars Attacke scheiterte an einem überragenden Wout van Aert, der ihn im Finale niederrang und schon vor der Ziellinie jubeln konnte.
Zur Kaffeestunde starteten 160 Helden der Landstraße in Mantes-La-Ville, der Partnerstadt des saarländischen Neunkirchen, zur letzten Etappe. Es begann wie seit Jahren im gemächlichen Tempo beim Defilee für Fotografen, Kameramänner und Publikum. Die ersten 3 der Gesamtwertung einige Zeit plaudernd nebeneinander - Pogacar und Lipowitz in Gelb bzw. Weiß und Vingegaard stellvertretend im gepunkteten Trikot. Die Prozession der Mannschaften, aller Australier oder Italiener oder Dänen bei der Großen Schleife oder des erfolgreichen deutschen Teams Red Bull Bora-hansgrohe mit Gruß an den wegen Vaterfreuden ausgeschiedenen Kollegen van Poppel - einfach nur schöne Bilder.
Am ersten Berg einer, am 2. alle
Nach 10 km nur geringe Beschleunigung vor der Côte de Bazement (Kategorie 4) von 3 Franzosen. Ein Punkt für Vercher (TEN) vor LeBerre (ARK) und Thomas (COF). 110 km vor dem Ziel zogen Pogacar und Team das Tempo leicht an. Dennoch in der ersten Rennstunde nur 32,7 km zurückgelegt. 7 weniger als in der langsamsten Tabelle errechnet. Leichter Regen und nasse Straßen führten zur Entscheidung der Jury, die Zeiten nach der 4. Passage auf der Ziellinie einzufrieren, also vor der ersten Überquerung der Butte Montmartre. Die zweite Bergwertung nach 46 km zur Côte du Pavé des Gardes war mit 9,7 % im Schnitt auf 700 m schon ein anderes Kaliber. Die Reaktion des Pelotons: geschlossen drüber. Dennoch ein Punkt für Sivakov (UAD).
Lipowitz beherzt Weiß und Platz 3 endgültig gesichert
Bei der ersten Durchfahrt auf dem Zielkurs die ersten Attacken aus dem lang gezogenen Feld heraus. Keine Chance für Ausreißer vor dem Zwischensprint bei der 3. Durchfahrt. Klar vorne Jonathan Milan (+ 20 Punkte) vor Abrahamsen, Girmay, Turgis etc.. Danach griff Simmons an - gefolgt von Lipowitz! Knapper Vorsprung von 12’’. Als beide eingeholt wurden, hatte Lipowitz sein Ziel erreicht und 10’’ Bonus bei der Zeitnahme an der Ziellinie der 4. Durchfahrt gesichert. Bei der ersten Überfahrt des Hügels am Montmartre attackierten Alaphilippe und De Lie. Gefolgt von Pogacar und van Aert, die mit weiteren drüber fuhren. Vor einem Meer von Zuschauern in der Rue Lepic. Vor der vorletzten Zieldurchfahrt kräftiger Regen. Vorne über 20 Mann mit Pogacar und bald über 30’’ Vorsprung. Der Mann in Gelb sprengte als Angreifer die Gruppe, so dass ein Sextett ins Finale ging: Mit ihm 2 x Visma - Jorgenson, Van Aert - Trentin (TUD), Ballerini (XAT) und Mohoric (TBV). Vorsprung 30’’.
Faszinierender Zweikampf zwischen Pogacar und Van Aert
Das Finale. Vorteil Pogacar - trotz des hohen Risikos auf rutschigen Straßen. Noch 12 km. Die Sechs an der Spitze mit taktischen Spielen. Pogacar als Erster im finalen Anstieg. Noch keiner abgehängt. Im steilsten Stück attackierte Van Aert und fuhr an Pogacar vorbei. Erster beim letzten Anstieg. Und mit Vorsprung in die Abfahrt. Noch 3 km und 20’’ allein an der Spitze. Wout van Aert vollendete seine irre Leistung bis zum Ziel auf den Champs Elysées vor Ballerini und Mohoric. Pogacar hatte am Schluss rausgenommen, als er feststellen musste, dass Van Aert nicht mehr einholen war. Der Belgier wiederholte seinen Sieg von 2021 - allerdings auf einem viel anstrengenderen Kurs. Und Pogacar wiederholte seinen Gesamtsieg vom Vorjahr - und von 2020 und 2021. Diesmal erneut vor Jonas Vingegaard - und erstmals vor Florian Lipowitz, der bei seiner ersten Tour gleich aufs Podium und ins Weiße Trikot fuhr - das erste Podium aus deutscher Sicht seit 19 Jahren! Ein würdiges Finale einer tollen und bisweilen aufregenden Tour.