Was nach den Sekundenabständen der beiden ersten Tour-Wochen niemand für möglich gehalten hätte, ist eingetreten. Titelverteidiger Jonas Vingegaard führt nach den hammerharten Alpen-Etappen mit mehr als sieben Minuten vor seinem ärgsten Widersacher. Gestern hat jedoch nicht nur Tadej Pogacar gelitten. Aus deutscher Sicht erwischte es Phil Bauhaus, der sogar aussteigen musste, und Simon Geschke, der alles gab, um unmittelbar vor dem Besenwagen das Ziel zu erreichen. Aufatmen und die Arbeit den Sprintern überlassen - das könnte heute für die meisten Profis gelten.
Nach zweieinhalb Wochen sind viele der verbliebenen 154 Fahrer erschöpft. Da kommt die heutige Etappe gerade recht. Auch wenn sie als hügelig beschrieben wird und mit 184,9 km knapp 20 km länger ist, als der gestrige Ritt durch die Hölle. Denn verglichen mit den maximalen Anstrengungen der letzten Tage sind die beiden Berge der 4. Kategorie ein Katzenspiel. Und selbst für die Sprinter kein wirkliches Hindernis, so dass ein Massensprint die Entscheidung in der 18. Etappe bringen dürfte.
Zwei Mal 4. Kategorie
Die Abschiedsetappe aus den Alpen beginnt in Moûtiers und führt durch Albertville, den Austragungsort der Olympischen Winterspiele 1992, wo Jan Ullrich 1998 die Etappe nach seinem Einbruch am Vortag vor Marco Pantani gewann. Auf einem fast gleichen Niveau geht es nach 60 km zum ersten Berg der 4. Kategorie, der Côte de Chambéry-le-Haut mit einer 1,6 km langen Steigung mit im Schnitt 4,1 %. Weiter am Lac du Bourget vorbei zur Côte Boissieu, ebenfalls 4. Kategorie. Diesmal 2,4 km à 4,7 %. Im letzten Drittel der Etappe bei Kilometer 132,9 sollten die Sprinter in ihrem Element sein, wenn ihnen keine Ausreißer einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Denn in Saint-Rambert-en-Bugey wird der Zwischensprint ausgetragen. Der Kurs bleibt weiterhin relativ flach bis zum Ziel in Bourg-en-Bresse.
Vorteil Sprinter
Gewinnen dürfte hier ein Sprinter, dem ein noch einigermaßen intaktes Team zur Seite steht, um ihn bis auf die Zielgerade zu eskortieren, damit ihr schnellster Mann nur noch vollenden braucht. Ohne Ewan und Bauhaus gilt der Mann im Grünen Trikot, Jasper Philipsen, als Favorit. Allerdings hat uns die diesjährige Tour schon mehrfach überrascht. Diejenigen, die in den letzten Tagen alles im Kampf um das Gesamtklassement gegeben haben, sollten es dennoch heute ruhiger angehen lassen können.
