Andorra und das Dach der Tour

Nach der vor allem für die schnellen Männer im Peloton schwer verdaulichen Vorspeise gestern 24 Stunden später fast schon das Hauptgericht: Der Abstecher aus Céret, der Stadt der Kirschen, in den Zwergstaat Andorra. Und damit in die neue Heimat von Weltmeister Julian Alaphilippe, derseit drei Jahren mit seiner kleinen Familie nur 200 m vom Ziel der 15. Etappe lebt. Und das Terrain bestens kennt - und mit allem Respekt an den letzten Berg der 1. Kategorie, den Col de Beixalis in 1.796 m Höhe, denkt. Doch bis dahin erwartet die 149 Fahrer keine Spazierfahrt. Auch wenn die schwersten Prüfungen erst nach 130 km kommen.

Pont du Diable et le Canigou
Pont du Diable et le Canigou © Mairie de Céret
Tom Dumoulin
Tom Dumoulin © Presse Sports/Stéphane Mantey
Vue générale sur Andorre la Vieille
Vue générale sur Andorre la Vieille © Comú d'Andorra La Vella

Die 15. Etappe führt über 191,3 km von Céret nach Andorra La Vella, die höchstgelegene Hauptstadt Europas. Céret ist für seine Kirschen berühmt, werden sie doch wegen eines günstigen Mikroklimas  früher reif als andernorts in Frankreich. Die Fahrer müssen sofort klettern, und zwar von 187 m auf 649 m, den Col du Fourtou, der trotz der zu überwindenden Höhenmeter nicht einmal klassifiziert wurde. Von dort einige Kilometer bergab, aber  bald schon wieder bergauf - auch der Zwischensprint wird in einem ansteigenden Gelände in Olette auf 627 m ausgefahren. Von da an muss weiter geklettert werden, und zwar auf den ersten Berg der 1. Kategorie, die Montée de Mont-Louis in 1.560 m Höhe. 8,4 km à 5,7 %. Abfahrt auf 1.222 m und gleich wieder kraxeln und zwar zweifach: auf den Col de Puymorens, 1.915 m hoch, 5,8 km mit 4,7 % Steigung im Schnitt. Statt abfahren geht es also weiter bergauf. Jetzt auf das Dach der Tour 2021, den Port d’Envalira - Souvenir Henri Desgrange, 2.408 m über dem Meeresspiegel. So hoch müssen die Fahrer zum Glück nur einmal klettern: 10,7 km bei 5,9 %. Was dem Peloton entgegenkommt: Der Aufstieg ist nicht so steil und - wie Streckenchef Gouvenou sagt: er gleicht einer Autobahn. Aber den Höhepunkt hat er sich fürs Finale aufgehoben: den Col de Beixalis, 1.796 m hoch und 6,4 km mit im Schnitt 8,5 % Steigungsprofil und Passagen um 12 %. Am Ende ein brutaler Kontrast zum Beginn der Etappe jetzt auf sehr schmalen und sehr steilen Straßen. Danach eine technisch anspruchsvolle Abfahrt, bei der man nicht eine Sekunde in der Konzentration nachlassen darf. 

Alaphilippe zum Beixalis: „Der Berg ist richtig schwer. Auf den ersten Kilometern ist die Straße sehr schmal, nur ein Auto breit. Wir sind ihn bei der Tour 2016 gefahren, wo im Ziel in Andorra-Arcalis Nebel und Regen war.“ Deutsche Radsportfreunde werden sich an dieses Ziel und den Etappensieg inkl. Gelbes Trikot von Jan Ullrich 1997 erinnern. Für einen Wechsel im Gesamtklassement heute sollte der Vorsprung von Pogacar zur Konkurrenz zu groß sein. Doch beim Kampf um die Plätze und das Bergtrikot könnte es am Abend heißen: Wie gewonnen so zerronnen. 24 Stunden vor dem zweiten Ruhetag werden die Fahrer noch einmal richtig zur Sache gehen.  

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