Was für ein Finale beim Anstieg auf den Col du Portet in über 2.000 Metern Höhe. Im Kampf Mann gegen Mann wechselte die Situation an der Spitze ständig. Beherzten Attacken folgten Schwächeanfälle, bescherten dem endlich aggressiv fahrenden Movistar-Kapitän Quintana den erhofften Etappensieg und sorgten für einige Überraschungen. So büßten zwei Favoriten ihre bisherige Position ein: Christopher Froome und Romain Bardet. Geraint Thomas baute seine Führung aus.
Start wie bei der Formel 1. Als die drei Lampen auf grün schalteten, ging es los - allerdings wie gehabt. Die ersten Attacken in Richtung Peyragudes (1. Kategorie) kamen nicht wie erhofft von den Favoriten sondern aus dem Fahrerfeld jenseits der ersten 20 Plätze. Tanel Kangert (Astana) und Nicolas Edet (Cofidis) vor einer Gruppe von 17 plus vier u.a. mit Valverde, Majka, Mollema, Geschke und einem aufschließenden Quartett, u.a. mit dem Träger des Bergtrikots Alaphilippe, Bei Steigungswerten zwischen 6 und 9 % änderte sich das Bild ständig. Beständig vorne nur Kangert. Alaphilippe führte eine Gruppe mit leichtem Rückstand an; weiter zurück Valverde & Co und noch weiter dahinter die Favoriten. So ging es auch über die Montée de Peyragudes. In der Abfahrt schloss Alaphilippe mit Durasek zu Kangert auf. Den Zwischensprint passierten sie in der Reihenfolge Kangert, Durasek, Alaphilippe; die Favoriten kamen hier dreieinhalb Minuten später an. Degenkolb und weitere schnelle Fahrer lagen da schon einige Minuten hinter dem Feld.
Julian Alaphilippe: clever, schnell rauf und schnell runter
Berg Nr. 2 kündigte sich an: Col de Val Louron-Azet, ebenfalls 1. Kategorie. Vorne vorerst gleiches Bild. In der Gruppe der Klassementfahrer setzte sich AG2R an die Spitze; Pierre Latour (Weißes Trikot) und Romain Bardet beschleunigten, Sky blieb dran. Die ersten Helfer mussten abreißen lassen, so dass das Feld auf 25 Fahrer schrumpfte. Marc Soler (Movistar) ließ sich aus seiner Verfolgergruppe zurückfallen und forcierte an der Spitze des Pelotons das Tempo, dem Latour nach getaner Arbeit zum Opfer viel. Die Bergwertung holte sich Alaphilippe vor Kangert. Das Feld lag hier nur noch zwei Minuten zurück. In der Abfahrt vergrößerte sich der Vorsprung wieder, obwohl Soler an der Spitze ebenfalls forcierte. Weiter hinten stürzte Peter Sagan, konnte aber die Fahrt fortsetzen.
Mann gegen Mann im steilsten Anstieg
Berg Nr. 3 und die Entscheidung über den Etappensieg. Schon am Beginn des brutalen Schlussanstiegs auf den Col du Portet, den Berg der Ehrenkategorie, ließ Alaphilippe seinen Fluchtkollegen Kangert ziehen. Valverdes Verfolgergruppe lag ca. eine Minute hinter dem Führenden. Bei den Favoriten attackierte nach Solers Tempoverschärfung sein Kapitän Nairo Quintana und legte so den Grundstein für seinen späteren Etappensieg. Dan Martin setzte nach, wurde nach beherztem Rennen Zweiter. Im kleiner werdenden Feld wurde immer wieder angegriffen: Erst beschleunigte Primoz Roglic. Chris Froome ging mit, Geraint Thomas blieb sitzen. Tom Dumoulin konnte die Lücke schließen. Weiter vorne sammelte Quintana alle ein, inklusive Valverde und Majka. Letzterer hielt das Hinterrad des Kolumbianers. Etwa acht Kilometer vor dem Ziel war auch Kangert (kämpferischster Fahrer) gestellt. Noch elf in der Verfolgung von Quintana und Martin. Als Erster platzte Bardet aus der Favoritengruppe weg, als weiter von Kruijswijk und Roglic beschleunigt wurde. Als Froome sitzen blieb, griff Tom Dumoulin und eroberte als Etappen-Fünfter Platz 2 in der Gesamtwertung hinter Thomas, dem alleinigen Favoriten für den Gesamtsieg in Paris. Froome ist jetzt Dritter, knapp vor Roglic und Quintana. Bardet musste heute alle Hoffnungen begraben und ist nun Achter.
