Thomas De Gendt, der Träger des Bergtrikots, hatte keine Mühe, am Puy-Saint-Martin, dem ersten von drei Bergen der 4. Kategorie, zu punkten. Erst danach startete Jérémy Roy den ersten Ausreißversuch. Zu ihm schlossen drei weitere Fahrer auf. Das Quartett legte jetzt von Kilometer zu Kilometer einen größeren Abstand zwischen sich und das Feld. Nach 50 Kilometern hatten Roy, Martin Elmiger, Alex Howes und Cesare Benedetti bereits über vier Minuten Vorsprung. An der Spitze des Pelotons - wie zu erwarten - die Sprinterteams, die am Ende der 208 Kilometer langen und im Wesentlichen flachen Etappe den Sieg unter sich ausmachen wollten.
Sonntagsausflug am Samstag
Bei der Annäherung an das zweite Hindernis, die Côte-du-Four-aux-Chaux, sank der Vorsprung leicht. Den Hügel locker überfahrend sicherte sich Alex Howes den einzigen zu vergebenden Punkt der Bergwertung. Nach kurzer Abfahrt folgte bereits der dritte und letzte zu bewertende Berg des Tages, die Côte d'Hautesrives. Diesmal ging der Punkt an Cesare Benedetti. Das Tempo der Ausreißer und des Feldes blieb „piano-piano“ bei knapp 33 km/h. Und damit noch unter dem laut Zeitplan langsamsten Schnitt. Zwei bemerkenswerte Beobachtungen bei der Verpflegungskontrolle: Der Vorsprung der Vier sank beständig in Richtung drei Minuten, und der Kapitän des Schweizer Teams IAM Cycling Mathias Frank musste zwei Tage bevor die Tour in sein Heimatland kommen würde mit Magenproblemen aufgeben.
Die vier Musketiere wehren sich
Nach den drei Bergen der 4. Kategorie näherten sich die Ausreißer mit nur noch 2:20 Minuten vor dem Feld dem einzigen Zwischensprint in La Fayette, 63 Kilometer vor dem Ziel. Die Vier an der Spitze überfuhren die Wertungslinie in der Reihenfolge Benedetti, Howes, Roy und Elmiger. Dahinter wurde aus dem Feld heraus gesprintet – allerdings nicht mit letzter Konsequenz. Dafür schien den Sprintassen der Vorsprung von Peter Sagan im Kampf um das Grüne Trikot bereits zu groß. So belegte der „grüne Weltmeister“ den 5. Platz vor Marcel Kittel, Marc Cavenish und Bryan Coquard, um nur die bisher schnellsten Männer der Tour zu nennen. Geburtstagskind André Greipel beteiligte sich erst gar nicht an der Hatz um die Punkte. Der Vorsprung der Spitzengruppe sank indessen weiter. Rund 40 Kilometer vor dem Ziel betrug er nur noch eine Minute. Das Fahrerfeld hatte zu diesem Zeitpunkt einen weiteren Mitstreiter nach einem Sturz verloren: Matti Breschel musste aufgeben. Es blieb die Frage, wann das Feld „ernst“ machen und die vier tapferen Musketiere, die annähernd 180 Kilometer vorne fuhren, einholen würde...
30 Mal Cavendish
40 Minuten hinter dem Zeitplan näherten sich die verbliebenen 185 Fahrer dem Ziel im Parc des Oiseaux von Villars-les-Dombes nordöstlich von Lyon. Das bekannte Spiel: 25 Kilometer noch und der Vorsprung schmolz auf 15 Sekunden zwischen den Ausreißern und dem schneller werdenden, von den Sprinterteams angeführten Feld. Zehn Kilometer weiter waren es wieder 40 Sekunden - weil auch das Quartett noch mal kräftig in die Pedale trat. Diesem Tempo waren Howes und kurz darauf auch Benedetti nicht mehr gewachsen. Zwei gegen den Rest... Rund drei Kilometer vor dem Ziel hatte das Feld sie eingeholt. Roy wurde als kämpferischster Fahrer ausgezeichnet – Elmiger hätte es ebenso verdient gehabt. Der Sprint Royal bahnte sich an.
Offensichtlich animiert von den gefiederten Lebewesen im Parc d'Oiseaux flogen die Sprinter förmlich ins Ziel. Und wieder siegte Cavendish – sein vierter Sieg bei dieser Tour, der 30. insgesamt. Zweiter wurde Kristoff vor Sagan und dem wieder erstarkten Degenkolb, der das deutsche Trio vor Kittel und Greipel anführte. Kittel fühlte sich von Cavendish behindert, aber er war einfach zu früh im Wind. Der Engländer ist derzeit der Endschnellste und von den deutschen Fahrern nicht zu bezwingen. Chris Froome brachte sein Gelbes Trikot ohne Probleme ins Ziel.