Endlich Tony Martin!

Tour de France 2015 | Etappe 4 | Seraing > Cambrai

Das Feld mit den Top-Teams war nicht sonderlich beeindruckt. Die durchschnittliche Geschwindigkeit lag erstmals unter 40 km/h. Auch den ersten und einzigen Berg überließ man den Ausreißern. Hier sicherte sich de Gendt den einen Punkt. Erst bei Annäherung an den ersten noch belgischen Abschnitt auf Pflastersteinen änderte sich das Bild: Im Feld machten die interessierten Teams abwechselnd Tempo, so dass der Vorsprung unmittelbar vor Eintritt in die Pflastersteinpassage auf unter eine Minute schrumpfte, um anschließend wieder auf drei bis vier Minuten anzuwachsen.

Ruhe vor dem Sturm

Da hatten einige Favoriten ihre Rennräder gegen Spezialräder getauscht. Dennoch gab es zahlreiche Defekte – Reifenpannen und Kettensprünge. Es folgten 30 Kilometer relativer Ruhe... Die Ruhe vor dem Sturm, vor den sechs Pavés auf den letzten 45 Kilometern und möglicherweise auch vor der Wetterverschlechterung mit Wind und Regen im letzten Renndrittel.

Kurz vor dem Grenzübertritt gab es noch eine Sprintwertung auf belgischem Boden. Von den Ausreißern holte sich Thomas De Gendt die maximale Punktzahl. Wichtiger und entscheidender für das Grüne Trikot war der Sprint des Hauptfeldes mit den Teams der Topsprinter: 5. wurde Mark Cavendish vor Bryan Coquard, André Greipel, Peter Sagan, John Degenkolb. Damit blieb Greipel in Grün mit 84 Punkten vor Sagan mit 56 Punkten.

Es ging Schlag auf Schlag

Wieder beruhigte sich das Rennen, wieder wuchs der Vorsprung, um kurz vor der nächsten Pavé wieder zu schmelzen. Gegen- und jetzt auch Seitenwind machten sich unangenehm bemerkbar. Jetzt ging es Schlag auf Schlag; ständig wechselte die Führung; die Favoriten auf den Gesamtsieg schenkten sich nichts. Mal attackierte Nibali, der später „kämpferischster Fahrer“ wurde, mal Froome; auch Contador und Quintana, ja Bardet waren vorne dabei und gaben alles. Ebenso die Klassiker- und Sprinterteams. Angriff auf Angriff insbesondere auf den Pflastersteinpassagen. Eng ging es zu, Körperkontakt war nicht immer zu vermeiden. Zum Glück ging alles gut. Doch entscheidend konnte sich kein Team, kein Fahrer durchsetzen. Nur Thibaut Pinot, der schon in den letzten Tagen Zeit gegenüber der Konkurrenz eingebüßt hatte, war der Pechvogel des Tages. Im ungünstigsten Moment ein Defekt und sein Teamfahrzeug weit weit weg.

Attacke Martin

Nach dem letzten Abschnitt auf den Pflastersteinen blieben noch zehn harte und schnelle Kilometer auf zum Glück trockenen Straßen. Aus deutscher Sicht mit guten Chancen. Denn John Degenkolb und Tony Martin waren noch dabei. Und 3,3 Kilometer vor dem Ziel in Cambrai attackierte Tony Martin, der Zeitfahrweltmeister. Rasch hatte er einige Meter Vorsprung. Ausgerechnet Degenkolbs Team nahm die Verfolgung auf. Doch auch dessen schnelle Helfer hatten keine Chance gegen das Stehvermögen von Tony Martin, der jubelnd ins Ziel fuhr. Den Spurt der Verfolger gewann Degenkolb vor Peter Sagan und Greg van Avermaet.

Deutscher Doppelsieg

Ein deutscher Doppelerfolg mit einem strahlenden Tony Martin und einem doch enttäuschten John Degenkolb, der „seine“ Etappe gerne gewonnen hätte und sehr nah dran war - und nur von seinem Freund Tony bezwungen wurde. Die beiden Deutschen machten noch einen Dritten glücklich: Peter Sagans dritter Platz genügte nicht, André Greipel das Grüne Trikot abzujagen. Damit zwei der begehrtesten Trikots der Welt auf deutschen Schultern. Das gab es zuletzt 1997... Und endlich Tony Martin in Gelb – welch großer Erfolg nach dem für ihn unglücklich verlaufenen Tour-Auftakt. "Gut gemacht", sagte dann auch Frankreichs Tour-Moderator Gérard Holtz auf deutsch. Das Lob galt überdies dem Team Etixx-Quick Step, das Tony diesmal perfekt unterstützt hatte.

Im Gesamtklassement gab es bei den Tour-Favoriten – bis auf den noch größeren Abstand für den unglücklichen Pinot – keine Veränderungen. Auch das gepunktete und das Weiße Trikot wechselten nicht die Besitzer: Joaquin Rodriguez bzw. Peter Sagan werden es auch auf der fünfter Etappe tragen.


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