Wimpernschlagfinale beim Zeitfahren. Wie erwartet Spannung bis zum letzten Meter. Nach dem schweren Einzelzeitfahren mit vielen giftigen Anstiegen siegte der Zeitfahrweltmeister Tom Dumoulin mit gerade mal einer Sekunde vor dem starken Christopher Froome und 14 vor dem lange führenden Geraint Thomas. Primoz Roglic konnte seinen Vorsprung von gestern gegenüber einem wie entfesselnd fahrenden vierfachen Tour-Sieger Froome nicht behaupten. Bester Deutscher Simon Geschke auf einem hervorragenden 18. Platz.
Es hatte geregnet am Startort des Einzelzeitfahrens. Folglich gingen die ersten der 145 Fahrer des Rennen gegen die Uhr vorsichtig an. Besonders viel Beifall erhielt Lawson Craddock. Motto ‚America first‘ ging der US-Amerikaner als Letzter im Klassement als Erster auf die Strecke. Wegen seiner bereits am ersten Tag erlittenen Schulterverletzung überfuhr er die Ziellinie mit einem breiten Grinsen. Er hatte allerdings genau so wenig Chancen auf eine vordere Platzierung wie der stärker eingeschätzte Vorjahrssieger des Zeitfahrens in Marseille, der polnische Zeitfahr-Meister, Maciej Bodnar (Bora-hansgrohe). Auch John Degenkolb, der erste deutsche Fahrer im Kurs, fuhr erwartungsgemäß nicht volle Pulle. Schon eher Marcus Burghardt, der vor dem Start noch für Stimmung beim Publikum sorgte. Dennoch lautete ihre Devise - wie die von Démare, Kristoff, Boassan-Hagen und den meisten Sieganwärtern für das morgige Finale: Kräfte schonen für den Schlusssprint in Paris. Lange hielt Michael Hepburn vom Team Mitchelton-Scott die Bestzeit: 42:15 Minuten. Ihm am nächsten kam zunächst Nils Politt, der für die 31 km 29 Sekunden mehr benötigte. Nach der Hälfte der Fahrer war Hepburn immer noch auf Platz 1. Doch Jonathan Castroviejo egalisierte die erste Zwischenzeit. Am Schluss war er jedoch knapp neun Sekunden langsamer als der Australier. Auch Nikias Arndt, der zwar Peter Sagan unterwegs überholten konnte, kam nicht an die Bestzeit heran.
Michal Kwiatkowski lange mit Bestzeit
Nieselregen - nicht gerade vorteilhaft für die späteren Starter. Dennoch fuhr Marc Soler (Movistar) eine neue Bestzeit. Eine Sekunde schneller als Hepburn. Dann ging es Schlag auf Schlag: Stefan Küng kam an Soler ran, doch vier Sekunden fehlten im Ziel. Soren Kragh Andersen raste dann noch schneller nach Espelette: Um 31 Sekunden unterbot er die Zeit von Soler. Und schon folgte die nächste Bestzeit: Michal Kwiatkowski, vom Team des Gelben Trikots, fuhr mit letzter Kraft auf Platz 1: eine Sekunde vor Andersen. Keine Chance mehr für eine Top-Ten-Platzierung eines deutschen Fahrers. Auch Simon Geschke, der Beste Deutsche im Gesamtklassement, konnte trotz einer starken Leistung nicht für eine Überraschung sorgen und wurde hervorragender 18.
Eine Sekunde entscheidet beim Schlagabtausch der Favoriten
Wer die 31 km zu schnell angeht, muss dafür am Ende büßen - die Erfahrung lehrten die ersten 120 Fahrer. Beispiel Adam Yates: Schnellster bei der ersten Zwischenzeit fiel er im Ziel auf Platz 5 zurück. Vorläufig. Denn die ersten Zehn im Gesamtklassement kamen ja noch. Und schon bei Ilnur Zakarin ging die Post ab mit neuer Bestzeit bei der ersten Messung. Doch dann kann der Titelverteidiger Chris Froome und setzte eine neue Marke. Vor Roglic und Dumoulin. Aber dann flog geradezu der Mann in Gelb über den Kurs - 14 Sekunden schneller als alle anderen. Bei der zweiten Zwischenzeit gleiche Reihenfolge: Thomas vor Froome und Dumoulin. Roglic musste seinem gestrigen Parforceritt Tribut zollen und war da schon den Podiumsplatz los. Froome setzte eine neue Bestzeit - 49 Sekunden vor seinem Teamkameraden Kwiatkowski. Und dann drehte Tom Dumoulin noch einmal auf und schlug den Vorjahrsgesamtsieger um etwas mehr als eine Sekunde. Geraint Thomas konnte seinen Vorsprung nicht halten und kam 14 Sekunden später über die Ziellinie. Etappensieger Dumoulin vom Team Sunweb vor Froome und Thomas, das bedeutet Tour-Sieger 2018 ist Thomas vor Dumoulin und Froome! Auch die übrigen Trikots wechseln nicht die Besitzer.
