Das Highlight schlechthin: die Landschaft. Touristisch gesehen war die heutige 10. Etappe im Perigord eine der schönsten der Tour de France 2017 - vorbei an Schlössern, den Höhlen von Lascaux, Klöstern, reizvollen Dörfern. Nach dem Ruhetag an der Dordogne gestern waren die 178 flachen Kilometer genau das Richtige für die verbliebenen 180 Fahrer, um die schweren Beine möglichst stressfrei wieder in Schwung zu bringen. Am einfachsten wurde das für Team Sky um seinen Kapitän und Träger des Gelben Trikots, Chris Froome. Wie gehabt begann die Etappe mit Ausreißversuchen. Rasch konnten sich die beiden Franzosen Elie Gesbert und Yonan Offredo absetzen und fuhren einen Vorsprung von zeitweise rund sechs Minuten heraus. An der Spitze des Hauptfeldes kontrollierten die Sprinter-Teams Katusha, Quick Step Floors und Lotto Soudal das Rennen und ließen das forsche Duo nicht zu weit weg. An der Verpflegungskontrolle war der ursprüngliche Vorsprung der beiden Ausreißer bereits halbiert, bei der Überquerung der ersten von zwei Schwierigkeiten des Tages, der Côte de Domme nach 100,5 km, wo sich Gesbert, der jüngste Fahrer im Feld, den einen Wertungspunkt sicherte, schmolz die Distanz weiter auf unter drei Minuten.
Greipel vor Kittel beim Zwischensprint
Der Zwischensprint in Saint-Cyprien bei Kilometer 121 kündigte sich an. Die Sprinter-Mannschaften begaben sich für Kittel, Greipel, Kristoff & Co in die bestmögliche Ausgangsposition. Erst jetzt kam leichter Gegenwind auf. Die beiden ersten Plätze des Sprints passierten die Ausreißer in der Reihenfolge Offredo - Gesbert. 2:50 Minuten dahinter wurde es extrem spannend. Platz 3 und damit 15 Punkte holte sich mit mächtigem Antritt André Greipel vor Marcel Kittel (13) und Alexander Kristoff. Michael Matthews musste Marco Haller noch passieren lassen und landete hier auf Platz 7, so dass Kittel seinen Vorsprung weiter ausbauen konnte und auf jeden Fall einen Tag länger in Grün fahren würde. Jetzt stand nur noch ein weiterer Berg der vierten Kategorie im Weg nach Bergerac: die Côte du Buisson-de-Caudouin, knapp 40 km vor dem Ziel. Den einen Punkte kassierte Gesbert. Das Finale sollte ultraspannend werden.
Marcel Kittels vierter Streich
Wie nicht anders zu erwarten, sank der Vorsprung je näher das Ziel kam, obwohl sich die beiden Ausreißer nach Kräften gegen das jetzt schneller werdende Feld wehrten. 25 km vor dem Ziel folgten die Sprinterteams und alle anderen mit einer Minute Abstand. Elf Kilometer noch und das Feld sah die Ausreißer vor sich - mit 18 Sekunden Vorsprung. 100 m vor dem Feld klatschten sie sich ab, die übrigen 178 Fahrer brausten an ihnen vorbei. Trostpflaster für Gesbert: er wurde zum kämpferischten Fahrer gewählt. Der Sprint begann, Kittel wie zuletzt um Platz 10. Doch dann trat er an, holte alle ein und siegte mit deutlichem Vorsprung - sein vierter Sieg in diesem Jahr und neuer deutscher Rekord mit 13 Etappensiegen bei der Tour de France! Zweiter wurde John Degenkolb vor Dylan Groenewegen, schon auf Platz vier mit Rüdiger Selig der dritte Deutsche: Deutschland das Zentrum der Sprintelite. Und morgen schon die nächste Chance…