Nichts für schwache Beine und schwache Nerven: Die Alpen drohen heute und morgen allein mit 5 Bergen der Ehrenkategorie innerhalb von 48 Stunden. Für die Sprinter zweimal Spiel mit dem Feuer sprich dem Zeitlimit. Für alle gehen die Strapazen weiter und hören diesmal auch am Vortag der Schlussetappe nicht auf. Zwei Hauptgerichte mit insgesamt 300 km im Gebirge. Heute mehr als eine Vorspeise bei den 171,5 km zwischen Vif und Courchevel Col de la Loze - die schwerste Etappe der Tour de France 2025.
Drei Anstiege der Superkategorie verteilt auf 70 Kletterkilometern und insgesamt 5.450 Höhenmeter machen die 18. Etappe zur Königsetappe und damit zur anspruchsvollsten der Tour 2025. Tadej Pogacar kann sich trotz seines Vorsprungs von 4’15’’ auf Dauerrivale Jonas Vingegaard nicht sicher sein, könnte doch der höchste und längste Anstieg - 26,4 km - mit einer extrem steilen Passage am Flugfeld 5,4 km vor dem Ziel auf dem Col de la Loze in 2.304 m Höhe den Dänen wie schon am Ventoux zu Angriffen auf den Mann in Gelb motivieren. Auch wenn Pogacar die Attacken kontern konnte, hatte ihm Visma taktisch zugesetzt und ihn am Ende isoliert.
Schon der erste Berg höher als der Ventoux
Gestartet wird in Vif an der A 51 das erstmals auf der Streckenkarte der Tour erscheint. Die Strecke steigt sofort von 294 m an. Hält aber nach 23,7 km in Rioupéroux auf 574 m Höhe ein frühes Schmankerl für die schnellen Männer im Peloton mit der Sprintwertung bereit. Während sich die Sprinter nach und nach in die hinteren Regionen des Feldes verabschieden werden, werden Ausreißer bergauf angreifen. In einiger Entfernung vorbei an Bourg d’Oisans und Alpe d’Huez wird geklettert. Der erste Gipfel, der Col du Glandon, ist mit 1.924 m schon einige Meter höher als der Mont Ventoux, den es vorgestern zu bezwingen galt. 21,7 km bergauf mit im Schnitt 5,1 % mit Abschnitten von 9 und 10 Steigungsprozenten. Was die Schwierigkeiten anbelangt, ist bei diesem Berg der Ehrenkategorie noch Luft nach oben - auch wenn sie schon bei dem ein oder anderen ausgehen wird.
Erstmals auf 2.000 Meter
Die Hoffnung auf der 20 km langen Abfahrt Boden gut machen zu können, wird spätestens ab dem Schild „19,2 km zum Col de la Madeleine“ ins Gegenteil umschlagen. Mit durchschnittlich 7,9 % geht es bei diesem Berg der Ehrenkategorie bereits erstmals auf 2.000 m Höhe. Kennzeichnend sind bis zur Passhöhe gleichmäßige Steigungen und ausladende Kehren. Von dort gehts wieder abwärts auf eine langen und kurvigen Abfahrt ins Tal der Isère und nach einem fast rechtwinkligen Richtungswechsel zur dritten ultraschweren Herausforderung. Führte die Strecke bisher nach Norden geht es jetzt in südlicher Richtung weiter nach Moutiers an der Isère.
Nimmt Pogacar auf dem Col de la Loze Revanche?
Die beiden bisherigen schweren Hürden gehören schon zur Tradition der Frankreich-Rundfahrt. Der noch ziemlich junge Schlussanstieg zum Col de la Loze - dem „alpinen Monster“ - steht nach der Premiere 2020 jetzt zum dritten Mal auf dem Tour-Programm. Pogacar hat mit ihm noch eine Rechnung offen: 2020 landete er auf Platz 3 (hinter Sieger Lopez und dem Zweiten Roglic) und 2023 erlebte er einen Einbruch, der seine Niederlage gegen Vingegaard besiegelte. Gleichzeitig freuen wir uns um den Kampf um das Podium und damit auch das Weiße Trikot zwischen Florian Lipowitz und Oscar Onley. Die durchschnittliche Steigung von 6,5 % auf 26 km hört sich noch recht human an. Aber ab dem Flugplatz im Wintersportort Courchevel führt die Strecke auf einem exklusiv für Radfahrer ausgebauten Weg - schmal, kurvig und unregelmäßig mit Rampen von teilweise bis zu 20 Prozent. Das Ziel auf 2.304 m beim Souvenir „Henri Desgrange“, dem Begründer der Tour de France. Wer in der Gesamtwertung etwas erreichen will, muss heute „all in“ gehen.