Nach großer Hitze gestern, Temperatursturz, regennasse Straßen und drohende Gewitter heute. Erste Attacken von Tim Wellens und Thibaut Pinot endeten kurz nach dem ersten Berg, der Côte des Neyrolles (2. Kategorie) nach nur 3,2 km. Auf der Abfahrt machten sich über 30 Fahrer auf und davon, zwei wurden aber Opfer eines Sturzes auf der glitschigen Straße und mussten aufgeben: der gestrige Zweite Robert Gesink und Manuele Mori, der sich die rechte Schulter hielt. Im Anstieg auf den zweiten Berg des Tages, den Col de Bérentin (3. Kategorie), ersprintete sich Pinot weitere zwei Punkte vor De Gendt. Vorsprung der Ausreißergruppe - u.a. mit Simon Geschke und Nikias Arndt (beide Team Sunweb) - nach 14 km: 1:30.
Als Hors d'oeuvre Berge der 3. Kategorie
Bei aller Vorsicht in der Abfahrt wuchs der Vorsprung auf über zwei Minuten. Und schon ging es wieder bergauf - das dritte Hindernis, die Côte de Franclens (3. Kategorie), galt es zu überwinden. Thomas De Gendt ging als Erster drüber gefolgt von Alexey Lutsenko. Inzwischen hatte Carlos Betancur (Movistar) virtuell das Gelbe Trikot erobert. Berg Nr. 4 kündigte sich an - der erste des Trios der Ehrenkategorie: Col de la Biche, 10,5 km mit 9 % durchschnittlicher Steigung. Von den Ufern der Rhône führte die Etappe jetzt westwärts und kehrte erst nach zwei Monsterbergen in die Ebene zurück.
Zwei Monsterberge innerhalb von 15 km
Erstmals stand dieser Berg in 1316 m Höhe auf dem Tour-Programm. Der Vorsprung wuchs in Richtung Gipfel auf über fünf Minuten. Oben angekommen sicherte sich Primoz Roglic die maximale Punktzahl (20) vor Alexis Vuillermoz (15), Warren Barguil (12), Thibault Pinot (10). Das gepunktete Trikot wechselte virtuell zum Slowaken Roglic. In der Abfahrt bei sechs Minuten Vorsprung überstürzten sich die Ereignisse. AG2R drückte im Hauptfeld dermaßen aufs Tempo, dass sich Romain Bardet & Co absetzen konnten. Weitere Stürze auf der rutschigen Straße in der Spitzengruppe und im Hauptfeld waren unausweichlich. Am schlimmsten erwischte es Geraint Thomas, so dass der erste Träger des Gelben Trikots mit Schlüsselbeinbruch aufgeben musste.
Ständige Wechsel, ständiges Auf und Ab
Neue Situation im Anstieg auf das zweite Monster des Tages, den Grand Colombier: Mit sechs Minuten Vorsprung zunächst ein Septett an der Spitze. Der Kapitän von Bora-hansgrohe, Rafa Majka, fiel nach Sturz entscheidend zurück, Teamkollege Buchmann fand dagegen wieder Anschluss. Den Gipfel erreichte Barguil als Erster vor Benoot, dann folgten Roglic, Mollema und Vuillermoz. Somit übernahm Barguil das Bergtrikot. Das sechs Minuten dahinter liegende Feld, in dem jetzt Sky an der Spitze fuhr, wuchs um ehemalige Ausreißer an. Auf trockenen Straßen ging es steil und schnell (über 70 km/h) bergab - von 1.500 auf 250 m in Richtung der einzigen Sprintwertung des Tages.
Team Sunweb mit erfolgreicher Taktik
Nach etwas mehr als der Hälfte der Etappe kam es an der Spitze zum Zusammenschluss. Zwölf Fahrer mit dem virtuellen Träger des Gelben Trikots - inzwischen Vuillermoz - und Geschke. An der Sprintwertung ging die Rechnung von Team Sunweb auf: Während Barguil virtuell im Bergtrikot fuhr, führte Geschke seinen Teamkameraden Michael Matthews an die Spitze der Sprintwertung - 20 Punkte waren für den schnellen Australier der Lohn. Und die Gewissheit, dass die Sprinterkonkurrenz keinen Punkt ergattern würde.
Fürchterlicher Sturz von Richie Porte
Der Berg der 4. Kategorie als Vorgeschmack für den Katzenberg - Mont du Chat mit 10,3 % auf 8,7 km. Bakelants vor Gallopin und eine Minute dahinter die zehn Fluchtkollegen. Etwa drei Minuten dahinter das Feld. Ein Ausscheidungsrennen folgte. Immer mehr Fahrer verloren den Anschluss: Geschke ganz vorne, Buchmann in der Gruppe um Froome. Vorne konnte sich zunächst Gallopin absetzen, dann Barguil, der allein die letzten Kilometer bis zum Gipfel fuhr. Als Froome im Feld ein Problem signalisierte, attackierte Aru. Aber die Mitfavoriten übernahmen keine Führungsarbeit. Jetzt folgte Attacke auf Attacke. Nach Contador konnte auch Quintana nicht mitgehen. Warren Barguil vom deutschen Team Sunweb behauptete 30 Sekunden Vorsprung vor den Favoriten und übernahm das Bergtrikot. In der Abfahrt ein fürchterlicher Sturz von Richie Porte bei fast 80 km/h, über den auch Dan Martin stürzte. Letzterer konnte die Fahrt fortsetzen, Porte musste im Krankenwagen in eine Klinik transportiert werden. Fünf Fahrer verfolgten Barguil downhill. Bardet war wie erwartet am schnellsten und überholte bald darauf seinen Landsmann.
Das Finale einer unglaublichen Etappe
Zehn Kilometer vor Chambéry hatte Bardet noch 30 Sekunden Vorsprung vor Froome, Aru, Fuglsang und Uran. Barguil konnte sich anschließen. Das Quintett kam näher, zwei Kilometer vor dem Ziel war Bardet eingeholt. Sechs Mann sprinteten nach überaus harten 181 Kilometern um den Etappensieg. Am Ende ein hauchdünner Sieg für Rigoberto Uran, der Barguil um Millimeter auf Platz 2 vor Froome verwies. Die Gruppe um Martin kam mit etwas mehr als einer Minute Abstand ins Ziel. Chris Froome behauptete das Gelbe Trikot, jetzt vor Fabio Aru und Romain Bardet. Weiter zurück Quintana und chancenlos Contador. Auch Emanuel Buchmann büßte heute Zeit ein und muss sich im Kampf um das Weiße Trikot vorerst verabschieden. Dafür bleibt Marcel Kittel in Grün.
Etappenrückblick
9 Juli 2017
- 17:47
Uran gewinnt dramatische Etappe
Tour de France 2017 | Etappe 9 | Nantua > Chambéry