Die Wetterprognosen sagen beste Bedingungen für den Radsport-Klassiker voraus. 20 Grad, Sonnenschein und leichter Wind hören sich nach einem schönen Sonntag im April an. Für die 200 Profis, die sich der Hölle des Nordens stellen, bedeutet dies aber: es wird staubig, schnell und stressig. Gleich 29 Passagen mit dem unerbittlichen Kopfsteinpflaster Nordfrankreichs, zwei mehr als im Vorjahr, erhöhen zudem die Strapazen. Traditionell wurden drei Abschnitte mit der höchsten Schwierigkeitsstufe von fünf Sternen bewertet: der Wald von Arenberg, der nach 161 Rennkilometern regelmäßig die Favoritenteams zu einer Selektion im Feld animiert, Mons-en-Pévèle sowie der Carrefour de l’Arbre, der 17 Kilometer vor dem Zielstrich oft für rennentscheidende Attacken genutzt wird.
Letztes Rennen für Tom Boonen
Der Belgier Tom Boonen (Quick Step) ist nicht nur in seinem Heimatland bereits eine Radsport-Legende. Paris-Roubaix wird das letzte Rennen seiner Karriere sein, und natürlich würde Boonen gerne mit seinem insgesamt fünften Pflasterstein von der großen Bühne abtreten. Starke Konkurrenz bekommt er u.a. von seinem Landsmann, Olympiasieger Greg Van Avermaet (BMC), sowie von Weltmeister Peter Sagan, Alexander Kristoff (Katusha Alpecin) und natürlich Vorjahressieger Mathew Hayman (Orica-Scott). Die Liste der Sieg-Anwärter ließe sich noch länger fortsetzen, denn kaum ein Rennen ist so unberechenbar wie die „Königin der Klassiker“.
Degenkolb einer der Top-Favoriten
Die 15 deutschen Teilnehmer gehen mit ganz unterschiedlichen Ambitionen und Aufgaben ins Rennen. John Degenkolb (Trek Segafredo) gehört als ehemaliger Gewinner des Rennens automatisch zu den Favoriten: „Der Sieg 2015 war der schönste Tag in meiner Karriere und das gibt wahnsinnig viel Motivation, um am Sonntag wieder ganz vorne dabei zu sein“, so der 28-Jährige. Auch Marcus Burghardt liegt das Rennen, doch er wird zunächst die Rolle des Leibwächters für seinen Teamkollegen Peter Sagan einnehmen. Dafür scheint er bei seiner 12. Teilnahme bestens geeignet: „Bei Roubaix ist die Streckenkenntnis sehr entscheidend. Aus früheren Fehlern lernst Du über die Jahre hinweg und kommst von Mal zu Mal mehr in die Strecke hinein.“ Neben Burkhardt will auch Andreas Schillinger, der in den letzten Jahren zeigte, dass ihm das Rennen liegt, Peter Sagan unterstützen.
Außenseiterchance nutzen
Sein Debut gibt Max Walscheid vom deutschen Team Sunweb. „Ich rolle gut über das Pflaster, kann über kurze und mittlere Distanzen sehr viel Kraft produzieren. Das sollte mir auf den Pavé-Sektoren entgegen kommen“, meint der 23-Jährige, der an der Seite von Nikias Arndt ins Rennen gehen wird. Tony Martin (Katusha Alpecin) gab sein Debut bei Paris-Roubaix im vergangenen Jahr - und war begeistert: „Der gesamte Rennverlauf war natürlich auch aus meiner Sicht gigantisch. Mit einer kleinen Gruppe die Spitze zu bilden bei solch einem Rennen, war schon einzigartig.“ Dass Martin gut über die Pflastersteine kommt, zeigte er u.a. bei der Tour de France 2015, als er die Etappe nach Cambrai gewann. Der Fokus seiner Mannschaft liegt wohl zunächst auf Alexander Kristoff, doch je nach Rennverlauf wird Martin womöglich selbst seine Chance suchen.
Auch André Greipel (Lotto Soudal) wird sich in die „Hölle des Nordens“ begeben, und das in diesem Jahr durchaus mit eigenen Ambitionen. Flankiert wird er von Marcel Sieberg sowie einigen belgischen Fahrern. Greipel zählt definitiv zum erweiterten Favoriten-Kreis für Paris-Roubaix 2017.