Froome verliert den Kopf aber nicht Gelb

Tour de France 2016 | Etappe 12 | Montpellier > Mont Ventoux

Nationalfeiertag in Frankreich. Vom Start weg attackierten Fahrer. Schon der erste Versuch war für eine größere Ausreißergruppe erfolgreich, aus der sich Paul Voß mit Pech auf Grund eines Defekts verabschieden musste. Einziger deutscher Fahrer unter den 13, die schließlich auf und davon fuhren, war der Deutsche Meister André Greipel, der am Ende seinem Teamkollegen Thomas De Gendt helfen sollte. Ihr Vorsprung wuchs zwischenzeitlich auf fast 19 Minuten an. Paul Voß befand sich da in der Verfolgergruppe sechs Minuten zurück. Kurz vor der Sprintwertung versuchten die Teams Sky (Froome), Etixx (Dan Martin, aktuell Dritter) und Astana (Aru) das Feld auseinander zu fahren. Wie schon am Vortag bildeten sich augenblicklich mehrere Gruppen, gerieten einige Fahrer ins Hintertreffen. So Warren Barguil vom deutschen Team Giant Alpecin, Emanuel Buchmann von Bora-Argon 18 und der Träger des Grünen Trikots, Peter Sagan.

Wieder Windkante, wieder mit Opfern

Die Tempoverschärfung des Hauptfeldes ließ den Vorsprung der Ausreißer schrumpfen. Derweil bereiteten sich die schnellen Männer auf den Zwischensprint vor. Es gewann Iljo Keisse vor Lindemann, Greipel und Coquard. Offensichtlich kam die Linie im Schatten einer Allee für alle Beteiligten etwas überraschend. Das Hauptfeld näherte sich den Ausreißern kontinuierlich. Dahinter bemühten sich mit Sagan, Barguil, Pinot, Degenkolb, Buchmann insgesamt 116 Fahrer um Anschluss; das Hauptfeld hielt sie aber weiter deutlich auf Abstand. Fabio Aru hatte nach einem zweifachen Radwechsel Mühe, wieder ranzukommen.

Zwei Vorspeisen vor dem Hauptgang

Die Gruppe um Greipel näherte sich mit etwas mehr als zehn Minuten Vorsprung vor dem Hauptfeld der Côte de Gordes, einem Berg der 4. Kategorie, um kurz danach den Col des Trois Termes (3. Kategorie) zu erklimmen – zwei Vorspeisen vor dem Hauptgang Mont Ventoux bzw. Chalet Reynard. Im 56 Fahrer umfassenden Feld mit den Favoriten sorgte immer noch Etixx für Tempo. Da sich nach und nach weitere Teams an der Führungsarbeit beteiligten, hatte das Verfolger-Quintett keine Chance. Auf dem Gipfel, wieder war De Gendt Erster, betrug der Vorsprung der Ausreißer noch knapp acht Minuten. Die Hoffnung, mit ausreichendem Vorsprung für einen eventuellen Etappensieg ins Ziel zu kommen, schien für die Ausreißer nicht aufzugehen.

Froome sorgt für leichten Ärger bei der Konkurrenz

Ein Sturz im Hauptfeld kam ihnen und den abgehängten Fahrern zugute. Simon Gerrans hatte sich abgelegt und einige Sky-Fahrer dabei mitgenommen. Froome reagierte als Patron und simulierte ein menschliches Bedürfnis, um die Gruppe zu verlangsamen, was die Konkurrenz ärgerte, spielte es doch den Ausreißern, die jetzt wieder rund zehn Minuten voraus fuhren und der Gruppe Barguil, die größtenteils wieder aufschließen konnte, in die Karten. 20 Kilometer vor dem Ziel Chalet Reynard und zehn Kilometer vor dem Fuß des Anstiegs hatten die Zwölf, Coquard war inzwischen eingebrochen, noch über neun Minuten Vorsprung. Ansonsten war es offensichtlich nicht der Tag von Fabio Aru, dem Kapitän von Astana. Nach dem doppelten Radwechsel warf ihn jetzt ein erneuter Defekt zurück.

Zwei Rennen in einem

Am Fuß des Berges, kurz hinter Bedoin vor ungeheuren Zuschauermassen, bescherte uns die Tour die nächste Überraschung: Mit André Greipel attackierte einer der weltbesten Sprinter! Schon bald hatten ihn die Fluchtkollegen jedoch wieder eingeholt. Im Anstieg fiel die Spitzengruppe auseinander, am Ende bleiben mit De Gendt, Pauwels und Navarro drei übrig. Quintana fuhr zum ersten Mal bei dieser Tour eine Attacke, doch Sky hatte keine Probleme, diese zu kontern.

Nun gab es zwei Rennen: Vorne ging es um den Tagessieg, im Hauptfeld um die Gesamtwertung. Wie erwartet kam dort der Angriff von Froome, dem Quintana nichts entgegensetzen konnte. Nur Richie Porte und Mollema blieben dran. Ganz vorne fuhr derweil Thomas de Gendt vor seinem Landsmann Serge Pauwels und Daniel Navarro zum Etappensieg. Er konnte sich zudem das gepunktete Trikot überstreifen und wurde als kämpferischster Fahrer ausgezeichnet.

Der Träger des Gelben Trikots  - zu Fuß

Während De Gendt seinen Sieg feierte, geschah bei den noch um das Gelbe Trikot kämpfenden Favoriten auf den letzten drei Kilometern Unfassbares und noch nie Gesehenes: Ein Zusammenstoß des Führenden Porte mit einem plötzlich stoppenden Motorrad, in der Folge Stürze von Froome und Mollema. Letzterer konnte mit seinem Rad weiterfahren, Porte nach kurzer Reparatur und Froome? Der warf sein offensichtlich defektes Rennrad zur Seite und setzte in Panik den Anstieg zu Fuß fort! Mit dem viel zu kleinen Ersatzrad aus dem neutralen Materialwagen kam er nicht klar; erst jetzt erreichte ihn ein Teamfahrzeug mit einem passenden Renner.

Surrealistisches und unübersichtliches Finale: Mit fast zwei Minuten Rückstand auf die anderen Favoriten kam Froome ins Ziel. Nach langen Beratungen entschieden die Rennkommissare jedoch zugunsten von Froome, so dass sich an der Reihenfolge und den Abständen nur geringfügig etwas ändert. Bester Deutscher des Tages wurde André Greipel (!), bester Deutscher im Gesamtklassement bleibt Emanuel Buchmann.

Der Mont Ventoux hat einmal mehr Geschichte geschrieben.

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