Nach Hautacam, Peyragudes und Superbagnères in den Pyrenäen jetzt auf dem Weg in die Alpen der Ventoux! Mit 135 km Anlauf muss der einzige Berg der 16. Etappe bezwungen werden. Aber was für einer! Der mythischste Berg der Großen Schleife schlechthin, um den sich viele besondere Geschichten ranken. Ob die Tour heute weitere hinzufügt und gar zur Gefahr für die Favoriten wird? Für Tour-Neuling Florian Lipowitz ist der „Riese der Provence“ Neuland.
Die dritte Woche der Tour de France 2025 startet nach dem zweiten und letzten Ruhetag mit einer Etappe, die in Montpellier nur 10 km von der Küste des Mittelmeers entfernt beginnt und über 171,5 km in östlicher Richtung nördlich der Römerstädte Nîmes und Avignon durch das Rhônetal ins Ziel auf 1.910 m Höhe führt. 2016 verband die 12. Etappe ebenfalls Montpellier und den Ventoux, damals aber südlich der genannten Städte. Zweidrittel des Kurses werden den Sprintern und Ausreißern gefallen, bleibt es doch fast durchgehend flach. Ob es später im Finale wieder zum Duell der beiden Superfavoriten Pogacar und Vingegaard kommt und wer eventuell in diesen inzwischen ungleichen Zweikampf eingreifen kann, wird in der Ebene entschieden. Denn die ersten Stunden sollten den Ausreißern gehören, die mit möglichst großem Vorsprung in den Schlussanstieg klettern wollen. Und den Sprintern, die bei Rennkilometer 112,4 in Châteauneuf-du-Pape den Zwischensprint in Angriff nehmen. An den weltberühmten Rotwein gleichen Namens werden Milan, Girmay, Merlier und van der Poel kaum denken, müssen sie doch um die maximale Punktzahl spurten, wenn sie sich Pogacar bei der Punktwertung vom Leib halten wollen.
5. Etappensieg von Pogacar?
Danach sollte sich die Spreu vom Weizen trennen, sprich die schnellen Männer zurückfallen und die bergfesten das Kommando übernehmen. Wenn das übermächtige Team von Pogacar das zulässt. Denn der aktuell mit großem Vorsprung in der Gesamtwertung führende Weltmeister würde nur zu gern den prestigeträchtigen Sieg auf dem Mont Ventoux seinem Palmares hinzufügen. Oder kann Klassiker-Spezialist Wout van Aert seinen Erfolg von 2021 wiederholen? Der lange Anlauf bis zu den finalen etwa 16 km könnte für größere Abstände zwischen Ausreißern und den Favoriten im Klassement sorgen. Wenn dann noch Hitze und Wind eine Rolle spielen, bleibt der Ausgang der Etappe lange offen.
Der Mont Ventoux - vom Winde verweht?
Der Mont Ventoux sei die größte Herausforderung von allen, sagt der frühere TV-Kommentator Patrick Chêne, der jetzt am Fuß des Ventoux lebt und Wein anbaut. Der Aufstieg beginnt in Bédoin und gilt ab diesem Dorf als besonders schwierig- schwieriger als von Malaucène oder Sault. Die durchschnittliche Steigung auf den letzten 15,7 km: 8,8 %. Nach Saint-Estève einige Kilometer zwischen 9 und 10 % steil. Immerhin da noch vom Wald vor möglichem Wind geschützt. Dieser Schutz fehlt auf den knapp 7 km ab Chalet Reynard. Erst recht auf den letzten 2.000 Metern zum baumlosen Gipfel. Ab da, so sagen die Kenner, hat der Ventoux etwas Böses an sich. Er quält die Fahrer mit der Hitze und mit dem Wind, dem der kahle Riese seinen Namen verdankt. Er spielt mit ihnen, weil sie sich dem Gipfel schon nahe wähnen, um nach der nächsten Kehre wieder weit entfernt zu scheinen. Nur wer den Ruhetag im Hinblick auf diese Herausforderung physisch und psychisch gut genutzt hat, wird um den Etappensieg mit klettern können. Die erste von drei Bergankünften auf dem Weg nach Paris könnte sonst für ein Ende aller Träume sorgen.