La Pierre-Saint-Martin: ein Schlussbouquet... zu Beginn (3/5)

Das terrain
Die erste Bergetappe dieser Tour wird fast immer mit genau so viel Begeisterung wie Beunruhigung in Angriff genommen. Sie wird dieses Jahr um so mehr erwartet und befürchtet werden, als sie nach 9 Tagen nicht immer flacher Flachetappen auf dem Programm steht. Das veränderte Umfeld wird nicht sogleich zu einem brutalen Tempoabbruch führen, da die 140 ersten Kilometer vor allem einer administrativen Einfahrt in die Pyrenäen entsprechen. Doch der steile, unregelmäßige und schwer verdauliche Anstieg nach La Pierre-Saint-Martin wird sehr wohl eine Einladung zum Angriff für alle Bergfahrer sein, die sich zeigen möchten oder die schon einen Rückstand auf ihre Rivalen aufweisen. Dieser vor allem auf der ersten Streckenhälfte besonders steile Anstieg (2. und 9. Kilometer mit einem Gefälle von mehr als 10% !) könnte bereits eine strenge Auswahl treffen, wenn er aggressiv genutzt wird. Und dies ist nur der erste Akt...

Alle scheinwerfer auf… Chris Froome und Alberto Contador
Das Duell war bereits 2014 angekündigt worden und wurde trotz erster Auseinandersetzungen im Gebirge doch jäh beendet. Auf beiden Seiten haben Chris Froome und Alberto Contador, freiwillig oder auch nicht, verschiedene Nachweise ihrer Wettbewerbsfähigkeit wie auch kleinerer Schwächen gezeigt, welche die Bestrebungen zur Eroberung eines neuerlichen Titels bei der Tour de France kompromittieren könnten. Vielleicht werden sie bei diesem ersten pyrenäischen Stelldichein die Karten offenlegen müssen, vor allem wenn einer von ihnen bei der Fahrt durch die Niederlande, Belgien, Nordfrankreich und die Bretagne den einen oder anderen Rückschlag erlebt haben sollte und nunmehr schon in einer Aufholjagd begriffen ist. Bei der Frage nach seinen Eindrücken zur Passage in den Pyrenäen hat der Kapitän von Team Sky im Übrigen schon eine Art Ungeduld durchscheinen lassen: „Alles wird von der ersten Woche und deren Ablauf abhängen, doch das Rennen wird in den Bergen wirklich anfangen. Und es wenn es Abstände geben sollte, kann es leidenschaftlich werden“. Mit einem Sinn für Hinweise auf die Geschichte wird Froome sich gewiss erinnern, dass er bei der ersten Pyrenäen-Etappe der Tour 2013, am Abend seines Sieges in Ax-3-Domaines, das Gefühl des Gelben Trikots auf seinen Schultern entdeckt hat... um es bis nach Paris auch nicht mehr abzugeben.

Bei der Zielankunft in La Pierre-Saint-Martin werden jedoch noch keine Schlussfolgerungen über die Fähigkeiten Alberto Contadors zu ziehen sein, eine der größten Herausforderungen seiner Laufbahn zu meistern, nämlich einen Doppelpack beim Giro und bei der Tour zu erzielen. Sein Verhalten beim Anstieg zum Col du Soudet dürfte hingegen einige Hinweise liefern. Wird es ihm gelingen, mit Leichtigkeit dem Rhythmus zu folgen, den ihm die Männer in Schwarz von Team Sky auferlegen könnten? Wird er genügend Unterstützung von seinen Teamgefährten von Tinkoff-Sako erhalten? Werden seine eventuellen Attacken gezielt genug gesetzt ein, um Froome und die anderen Rivalen um den Sieg von ihrem Kurs abzubringen? Bislang hat der „Pistolero“ effektiv zugeschlagen, insbesondere gegenüber Froome bei der Königsetappe der Ruta del Sol zu Beginn der Saison, aber auch beim Giro. Bei seiner letzten Ausfahrt unter Wettbewerbsbedingungen anlässlich der Straße des Südens hat der Spanier sogar noch besonders ermutigende Hinweise in den Pyrenäen geliefert, als er sich der Bedrohung durch Nairo Quintana entledigt hat, indem er im Anstieg zum Port de Balès einen Angriff gesetzt hat und den Kolumbianer danach auch noch in der Sturzfahrt nach Bagnères-de-Luchon abgehängt hat.

Sie werden nicht weit dahinter sein…
Es besteht kaum die Gefahr, dass der Kampf ums Gelbe Trikot sich auf ein Duell zwischen Chris Froome und Alberto Contador beschränken könnte. Die Aussichten sind hingegen weitaus höher, dass es eine ganze Schar von Anwärtern auf die Sekunden und/oder Minuten geben wird, die schon bei der ersten längeren Kletterübung zu gewinnen sein werden. Alle Bergfahrer von Rang und Namen, die in der ersten Woche bereits Enttäuschungen erlebt oder überwunden haben, werden gute Gründe haben, das Heft in die Hand zu nehmen. Im Jahre 2014 hatte Vincenzo Nibali sein Festival im Juli mit einem Sieg in Hautacam beendet, hatte aber auch schon zu Beginn des Rennens seine Fähigkeit zu Glanzleistungen unter Beweis gestellt. Im Jahr zuvor hatte in der dritten Woche Nairo Quintana den 2. Platz bei der Tour erobert, aber die Pyrenäen könnten ihn auch inspirieren. Und viele andere Kletterer könnten sich in La Pierre Saint-Martin durchaus hervortun, darunter Joaquim Rodriguez, Andrew Talansky, Tejay van Garderen, Wilco Kelderman oder Simon Yates. Die Franzosen dürften dabei auch nicht zurückstehen, vor allem mit Kletterkünstlern vom Kaliber von Thibaut Pinot, Romain Bardet, Pierre Rolland oder Warren Barguil.

Folge uns

Erhalten sie exklusive informationen zur Tour de France

app_de
DE CLUB